Was haben ein Grabhügel, ein Galgen und eine Garage miteinander gemein?
Als Antwort auf diese ungewöhnliche Frage reicht „Der Anfangsbuchstabe G“ nicht aus, wenn man die Geschichte von Grohn in Bremen-Nord einmal genauer betrachtet.
Im Jahre 1966 wurde die Landesarchäologie durch alte Aufzeichnungen auf mindestens 13 mutmaßliche ehemalige Grabhügel im Bereich des Straßendreiecks Schönebecker Straße / Wilhelm-Boelsche-Straße / Friedrich-Humbert-Straße aufmerksam, die aber auch damals schon längst der Bebauung des Geländes zum Opfer gefallen und somit nicht weiter untersuchbar waren. Dennoch ein spannender Hinweis, da es für das betreffende Gebiet und dessen Umgebung schon mehrfach Berichte von Urnenfunden und Ähnlichem gab. So sollen laut schriftlichen Nachrichten von 1840 bereits damals „künstliche Hügel“ gefunden und eine Urne aufgedeckt worden sein.
Bestattungen unter oder in künstlich aufgeschütteten Hügeln waren in Nordwestdeutschland von der späten Jungsteinzeit bis weit in die Bronzezeit üblich. Die ehemaligen Hügel in Grohn stammten vermutlich auch aus diesen Zeiten. Später wurden wohl noch weitere Gräber um die Hügel herum angelegt, um sich an vermeintliche Ahnen anzuschließen.
In Mittelalter und Neuzeit wurden urgeschichtliche Hügelgräber oft in weltliche Funktionen überführt. In unserem Beispiel war das ein Galgen. In der Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1773 findet sich nämlich an der Stelle, an der einer der Grabhügel gestanden hat, ein Symbol, das einen Galgenberg darstellen soll, dazu der Titel „Schönebecker Gericht“. In einem Buch über Grohn von 1926, geschrieben von den Heimatforschern Fritz Müller und Johann von Harten, wird genauer auf dieses Gericht eingegangen. Es soll sich um eine Richtstätte mit einem Galgen der Gutsherrschaft von Schönebeck gehandelt haben, der im Laufe der Zeit an zwei verschiedenen Orten im Norden von Grohn gestanden hat – einmal an dem in der Kurhannoverschen Landesaufnahme bezeichneten Stelle, zum anderen auf einem weiteren ehemaligen Grabhügel etwa 200 m westlich davon.
Im 16. Jahrhundert wurden an mehreren Plätzen des heutigen Bremens, zumeist weithin sichtbar auf Hügeln, Galgen für öffentliche Hinrichtungen von Verurteilten errichtet. So etwa der Osterfeuerberg in Walle oder eben die Hügel in Grohn. Die uralten Grabhügel bekamen so für einige Zeit eine neue Rolle zugeteilt. Als die Franzosen dann zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein völlig anderes Gerichtswesen nach Bremen brachten, ließen sie die Galgen abbrechen. So geschah es 1811 in Walle und 1812 auch in Grohn. Die letzte belegte Person, die, laut Müller und von Harten, an dem Strange des Grohner Galgens gehängt wurde, war ein Schäfer des Guts, der seine Frau ermordet hatte und im Jahre 1750 dafür auf solche Weise zur Rechenschaft gezogen wurde.
Auf einer Karte von 1832, die ein Leutnant Biedenweg im Zuge der Aufteilung der „Gemeinheit Grohn (Heide)“ erstellte und die sich gut mit modernen Karten in Deckung bringen lässt, sind interessanterweise sowohl der Galgenberg (mit entsprechender Bezeichnung) als auch die Reihe der restlichen Grabhügel (ohne Bezeichnung als solche) gut erkennbar eingezeichnet. Ein geheimnisumwitterter Sandhügel mit einem alten Pfahlstumpf darin, der ein Überrest des Galgens war, habe sogar noch um 1900 bestanden, gibt das angesprochene Buch uns Auskunft.
Heute befindet sich an der thematisierten Stelle ein Wohngebiet. Von Hügeln ist tatsächlich nichts zu erkennen. Dort, wo der Galgen ungefähr einmal gestanden haben könnte, ist jetzt eine Garage. Wo Mörder einst mit dem Leben für ihre Sünden bezahlen mussten, stehen nun PKW, Mülltonnen und Gartengeräte.
Joshua Mathis Härtel, Ferienjobber
Häßler, Hans-Jürgen, Ur- und Frühgeschichte in Niedersachsen. Stuttgart 1991.
Müller, Fritz, Von den vorgeschichtlichen Menschen unseres heimatlichen Raumes. Vegesack 1957.
Müller, Fritz / Johann von Harten, Grohn in Vergangenheit und Gegenwart. Vegesack 1926.
Das Areal des heutigen Ellener Hofs lud schon in vorgeschichtlicher Zeit ein, um sich hier dauerhaft zum Siedeln niederzulassen. Die Wesersandterrassen gewährleisteten schließlich ausreichend Sicherheit vor Überschwemmungen.
Erfahren sie mehr über die Ausgrabung auf der Schautafel, die für den ersten Spatenstich erstellt wurde
Schautafel: Ausgrabung am Ellener Hof (pdf, 4.4 MB)
und aus der Pressemitteilung der Kreiszeitung.de: Erster Spatenstich für Studentenwohnheim im Stiftungsdorf Ellener Hof
In Huchting im Bremer Süden ist seit 1994 ein Acker Schauplatz von Begehungen. Neben kaiserzeitlich zu datierenden Scherben, einem Sesterz des Commodus und dem Henkelfragment eines Hemmoorer Eimers wurde nun ein einzelnes Orakelstäbchen des Typs C-a-5 nach Dickmann entdeckt. Das sieben Gramm schwere und nur etwas über zwei Zentimeter in der Länge messende Objekt, das erste seiner Art im Bundesland, diente in der Antike der schicksalsgeleiteten Entscheidungsfindung. Vergleichbare Hilfsmittel, die bis ins Mittelalter über Jahrhunderte zwecks Auslotung des göttlichen Willens Verwendung fanden, wurden in dreistelliger Zahl in Zentraleuropa entdeckt. Dabei lassen sich einzelne Exemplare in Frankreich und Großbritannien ausmachen, fokussiert kamen die Orakelstäbchen jedoch in den Niederlanden und Nordwestdeutschland zum Einsatz.
Das Huchtinger Orakelstäbchen, vermutlich aus dem 3. Jh., besteht aus Bronze. Bekannt sind darüber hinaus Stücke aus Silber und Blei, aber auch Horn, Knochen oder gar Holz. Letztere drei erhalten sich in der Regel nur in ungestörten Fundzusammenhängen – dann, unabhängig vom Material, immer als Paar, wobei die charakteristischen Muster, die sich meist auf den Stirnseiten befinden, oft nur auf einem der beiden Orakelstäbchen zu finden sind. Das vorliegende Exemplar muss (bislang) ohne Gegenstück auskommen, lässt sich über die häufig verwendete beidseitige Kreuzmarkierung jedoch zweifelsfrei identifizieren. Unklar bleibt, in welchem Zusammenhang es in den Boden gelangte – bekannt sind vergleichbare Objekte von Siedlungs- und Handelsplätzen, aber auch Kult- oder Opferstätten und Gräbern. Ob es sich beim ursprünglichen Besitzer um einen antiken Wahrsager (Haruspex) gehandelt hat oder das Orakelstäbchen doch wohl eher das Hilfsmittel eines mit sich hadernden Germanen war, muss offen bleiben.
(D. Bischop)
Dieser kleine Artikel war die Inspiration für ein Buch. Weitere Informationen können dem folgenden Link entnommen werden: https://www.kellnerverlag.de/mission-haruspex.html
Schon seit vielen Jahren gräbt die Landesarchäologie Bremen immer wieder im Stadtteil Osterholz. Der Fundplatz wurde in den 1960er Jahren durch Oberflächefunde bekannt und in den Jahren 2000 und folgende baubegleitend archäologisch untersucht. Dieses Mal galt es ein Gebiet, dass zu Beginn der 1990er Jahre mit einfachen Holzhäuser bebaut worden war archäologisch zu untersuchen. Die Holzhäuser sollten nun durch Steinhäuser ersetzt werden, die in tiefer in den Boden eingreifen. Da schon beim Bau der Erschließungsstraße und bei weiteren Baumaßnahmen in unmittelbarer Nähe Siedlungsspuren aus der vorrömischen Eisenzeit und freigelegt worden waren, wurde nun die Gelegenheit genutzt vor Beginn der Baumaßnahme hier die Siedlungsspuren zu ergänzen.
Die Siedlung in Osterholz liegt auf und an einer ausgedehnten, leicht ansteigenden Sandfläche der Weserniederterrasse, einer insgesamt naturräumlich begrenzte Siedlungskammer. Diese leicht erhöhte trockene und sandige Siedlungslage war sogar besonders gut geeignet, weil in südöstlicher Richtung das Gelände wieder schwach abfiel und etwas niedriger und feuchter war, so dass es bei Weserhochwasser überflutet werden konnte. Freigelegt wurden zahlreiche Verfärbungen von Pfosten, die sich aber nicht zu einem Grundriss zusammenfügen ließen. Wieder kam qualitätvolle Siedlungskeramik zu teil verzierte Keramik zutage,. Besonderes Fundstück war ein kleines vollständig erhaltenes Gefäß, das mit seiner Öffnung nach Norden zeigte.
Bislang sind die Befunde noch nicht in die älteren bestehenden Grabungspläne eingearbeitet worden, vielleicht ergibt sich doch noch ein Hausgrundriss. Aber die Grabung ist noch nicht abgeschlossen, denn auf einem benachbarten Grundstück rollen in wenigen Wochen wieder die Bagger an. Vielleicht deckt die vorgeschaltete Ausgrabung noch weiter interessante Befunde auf, so dass sich neue Bilder zu alten Bauten in Osterholz zusammengfügen.
Bis zum Jahr 1398 wird das Dorf Stelle im heutigen Stadtteil Strom urkundlich erwähnt – dann verließen die Bewohner die Ortschaft an einem Seitenarm der Weser wahrscheinlich. Die Bremer Landesarchäologin Prof. Dr. Uta Halle hat am 17. Dezember, im Beisein des Senators für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa, Dr. Reinhard Loske, eine Reihe von Grabungsfunden der Öffentlichkeit vorgestellt.
Seit Juni 2008 wurden im Zuge des Neubaus der Autobahn A 281 in der Neustadt zwei hochmittelalterliche Wurten ausgegraben. Die ältesten Nachrichten aus dem Bremer Niedervieland datieren aus dem Jahr 1158. Damals begann unter maßgeblicher Beteiligung der Holländer die Kultivierung des Sumpflandes. Das Dorf Stelle bestand aus insgesamt 19 Wurten zu beiden Seiten des Weserarms.
Die Menschen lebten dort von der Landwirtschaft, da keine handwerklichen Tätigkeiten archäologisch nachgewiesen werden konnten. Ab 1398 findet Stelle keine Erwähnung mehr, so dass davon auszugehen ist, dass die Bewohner das Dorf kurz darauf verließen. Die Ursache ist unbekannt. Denkbar wäre eine Abwanderung in die Stadt Bremen, da dort ab Mitte des 13 Jahrhunderts durch die Pest ein Bevölkerungsrückgang mit anschließenden Zuzügen von außerhalb verzeichnet wird.
Die Ausgrabungen haben ergeben, dass die Bewohner vieles, was ihnen noch nutzbar erschien, mitgenommen haben. Zudem konnten Strukturen freigelegt werden, deren Funktion noch unklar ist, etwa mit Holzkohle ausgelegte Rinnen, die aber keine Brandspuren aufwiesen. Von besonderer Bedeutung ist ein mittelalterlicher Hausgrundriss, in dem das Skelett eines jungen Rindes lag. Anhand der Holzpfosten hofft die Landesarchäologin Prof. Halle, zu einer genauen Dendrodatierung zu kommen. Bei dieser Methode werden die Jahresringe von Bäumen anhand ihrer unterschiedlichen Breite einer bestimmten, bekannten Wachstumszeit zugeordnet.
Zudem wurden Keramiken aus der Zeit zwischen 1200 und 1400 gefunden. Ferner konnten einige weinige eisenzeitliche Scherben aus der Zeit kurz vor Christi Geburt sichergestellt werden. Des Weiteren wurden ein fast vollständig erhaltener Topf im Block eingegipst und geborgen. Er wird nach Abschluss der Grabungen in der Werkstatt der Landesarchäologin weiter untersucht.
Prof. Halle dankte der Projektentwicklung und dem Amt für Straßen und Verkehr sowie der ausführenden Grabungsfirma für die reibungslose Zusammenarbeit.
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Bei Kampfmittelräumarbeiten in Lankenau wurde eine technische Anlage angeschnitten, die vermutlich der Unterbau einer Bockwindmühle ist. Zwei Meter unter der Erde lag als Fundament ein Balkenkreuz mit einer Balkenlänge von jeweils vier Meter. Durch die vorhandenen Markierungen auf den Balken konnten weitere Holzteilfunde in eine ursprüngliche Position gebracht werden.
Welche Funktion die Windmühle dort erfüllte, ist noch zu klären.Vermutlich handelt es sich um eine Wasserschöpfmühle. In dem Areal fanden sich keinerlei Anzeichen eines Wirtschaftsgebäudes. Die Bestimmung von Holzproben ergab eine zeitliche Einordnung in die Jahre 1815/16.