Am 25. September 2014 verstarb im hohen Alter von 92 Jahren der ehemalige Bremer Landesarchäologe Dr. Karl Heinz Brandt. Geboren am 25. März 1922 im westfälischen Herne kam Karl Heinz Brandt schon in seiner Kindheit mit der Archäologie in Berührung. Sein Vater war der angesehene Gründer und Museumsleiter des Emschertal-Museums in Herne und als dessen Sohn er wäre nach eigner Auskunft schon bei seiner Geburt „über Feuersteinbeile und Urnen gestolpert“. Nach seinem Schulabschluss in Herne und dem Kriegsdienst mit anschließender Gefangenschaft, studierte er an den Universitäten Münster und Kiel Ur- und Frühgeschichte, Geologie und Anthropologie. 1953 wurde er in Kiel bei Ernst Sprockhoff mit einer Arbeit zum Thema Studien über „Steinerne Äxte und Beile der Jüngeren Steinzeit und der Stein-Kupferzeit Nordwestdeutschlands“ erfolgreich promoviert. Unmittelbar nach seiner Promotion erhielt der junge Archäologe 1954 seine erste feste Stelle am Focke-Museum in Bremen. Eingestellt wurde er als Leiter der ur- und frühgeschichtlichen Sammlung des Museums, die durch interessierte Heimatforscher und durch die Ausgrabungstätigkeit des ehemaligen Museumsdirektors Ernst Grohne einen ersten Ausbau erfahren hatte. Obwohl ausgewiesener Kenner des Neolithikums wollte sich Karl Heinz Brandt im noch stark kriegszerstörten Bremen auf eine intensive Stadtkernarchäologie einlassen, ein Vorhaben dem wirtschaftliche Interessen des Wiederaufbaus meist entgegen standen.
Er konzentrierte sich auf die archäologische Landesaufnahme, von der wir bis heute profitieren, und führte etliche großflächige Ausgrabungen auf den neu ausgewiesen Industrieflächen durch, zu nennen sind hier die frühgeschichtlichen Siedlungen Grambke, Rekum, Mahndorf und der Hohe Horst. Mit seiner markanten Gestalt, seinem westfälischen Charakter, den er auch gerne betonte, mit Pfeife und Prinz-Heinrich-Mütze führte er schließlich in den Jahren 1974 bis 1976 gegen den Willen der Domgemeinde die bekannten Ausgrabungen im Bremer Dom durch. Die Aufsehen erregenden Funde bilden den Grundstock für die Gründung des Dommuseums und stellen einen wichtigen Aspekt der mittelalterlichen Landesgeschichte im Focke-Museum dar. Diese Ausgrabungen wurden reich bebildert zur Titelgeschichte des renommierten ZEITmagazins. Rückblickend meinte Karl-Heinz Brandt 2002, dass er Fachwelt als „der Brandt vom Bremer Dom“ in Erinnerung bleiben würde.
Wie in den anderen Bundesländern, galt es auch in Bremen in den 1970er Jahren den Denkmalschutz stärker gesetzlich zu verankern und so arbeitete er an der Vorbereitung und Verabschiedung des Bremer Denkmalschutzgesetzes von 1975 mit. Und er engagierte sich in verschiedenen Fachverbänden und wissenschaftlichen Vereinen. So gehörte er als persönliches Mitglied der Wittheit zu Bremen an, war korrespondierendes Mitglied im Deutschen Archäologischen Institut und Mitglied der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen
Karl Heinz Brandt vermittelte die bremischen archäologischen Ergebnisse nicht nur in die Fachwissenschaft. Es war ihm immer ein großes Anliegen, seine Forschungen, aber auch die von Kollegen und Kolleginnen in die breite Öffentlichkeit zu vermitteln. Mit Lehraufträgen an der neugegründeten Bremer Universität gab er archäologisches Wissen an die Studierenden weiter. Neben den archäologischen Ausstellungen im Focke-Museum gründete er gemeinsam mit Friedrich Walburg 1955 die Bremer Gesellschaft für Vorgeschichte und organsierte zahlreiche Vorträge, Exkursionen zu archäologischen Denkmälern und gab die Bremer Archäologischen Blätter heraus.
Als es im Focke-Museum endgültig zu eng wurde, gliederte Karl Heinz Brandt 1983 die Landesarchäologie konsequent aus, indem er leerstehende Mobilbauklassen eines nahegelegenen Schulzentrums „besetzte“ und damit endgültig eine weitestgehend eigenständige Behörde entstand. Wenige Jahre später, 1987 geriet bei Brandts Pensionierung diese Eigenständigkeit erheblich in Gefahr, denn seine Stelle sollte nicht wieder besetzt werden. Brandt informierte den Verband der Landesarchäologen über die vorgesehene Nichtbesetzung und dieser protestierte energisch beim Land Bremen und erreichte damit eine etwas anders zugeschnittenen Stelle: Eine Professur für Ur- und Frühgeschichte an der Bremer Universität mit dem Forschungsgebiet Landesarchäologie und der Leitung der ur- und frühgeschichtlichen Abteilung im Focke-Museum.
Auch nach seiner Pensionierung behielt Karl Heinz Brandt die Vermittlungsarbeit für die Archäologie bei. Besonders gefreut hat ihn die Ehrung des Nordwestdeutschen Verbandes für Altertumsforschung bei der Eröffnung des 7. Deutschen Archäologiekongresses im Bremer Rathaus. Der Band 'Bremen und umzu' erhielt die Widmung 'Dem verdienten ehemaligen Bremer Landesarchäologen Karl Heinz Brandt'.
Noch mit 91 Jahren besuchte er wissenschaftliche Tagungen und hielt selbst Vorträge in Bremen und schrieb bis wenige Tage vor seinem Tod an einem Manuskript zur Archäologie Nordwestdeutschlands.
Mit Karl Heinz Brandt verliert die Fachwissenschaft und die Bremer Landesarchäologie einen verdienstvollen Archäologen des 20. Jahrhunderts, dessen Andenken sie stets bewahren wird.